Für ordnungsgemäß ausgeführte und vom Auftraggeber auch bezahlte Leistungen können auch noch nach Jahren die Beträge zurückgefordert werden. Unternehmen können sich in diesen Fällen nur schwer wehren und geraten teilweise selbst in Existenznot.
Das Prinzip funktioniert nach diesem Muster: Der Logistikdienstleister hat einen Auftrag angenommen, vielleicht sogar von einem langjährigen Geschäftspartner. Nach der Ausführung wird die Rechnung erstellt und bezahlt. Viele Jahre später wird der Auftraggeber zahlungsunfähig. Der eingesetzte Insolvenzverwalter sieht sich alle Geschäftsvorgänge der letzten zehn Jahre an und fordert die gezahlten Summen zurück. Dabei versucht er darzustellen, dass der Auftragnehmer schon damals hätte ahnen können, dass der Auftraggeber in Schwierigkeiten ist.
Diese Rechtspraxis wird allgemein als ungerecht und frustrierend empfunden. Das gilt insbesondere für die §§ 129 ff. und 133 Insolvenzordnung (InsO). Mit diesen Paragrafen wird die Tür für derartige Rückforderungen geöffnet, der Vorgang nennt sich Insolvenzanfechtung. Eigentlich sollen mit den Paragrafen unrechtmäßige Vermögensverschiebungen, die noch schnell vor dem Eintritt der Insolvenz arrangiert worden sind, wieder rückgängig gemacht werden. Ziel ist es, dass alle Gläubiger – nicht nur ein einzelner – von der erhöhten Insolvenzmasse profitieren können.
Ein Insolvenzverwalter kann somit von einem Lieferanten oder Dienstleister Zahlungen für getätigte Geschäfte und erbrachte Leistungen zurückfordern, auch wenn sie bereits vor der Insolvenz abgeschlossen wurden. Dabei ist es unerheblich, dass es sich um ein vollkommen reibungsloses und rechtlich einwandfreies Geschäft handelte. Denn auch, wenn sich das Anfechtungsrecht in den §§ 129 ff. nur auf die Geschäfte und Rechtshandlungen der letzten drei Monate vor der Insolvenz bezieht, so gilt es doch bei Benachteiligungsvorsatz (§ 133
InsO) des Schuldners bis zu zehn Jahre rückwirkend.
Dabei muss der Gläubiger beweisen, dass er damals keine Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte. Verständlicherweise ist dies allerdings in der Realität schwer zu leisten.
Sogar vom Gerichtsvollzieher eingezogene Zahlungen oder die per Gerichtsurteil zugesprochenen Zahlungen können nachträglich wieder eingefordert werden. Alles, was ein Unternehmen also in der Zusammenarbeit mit seinem Schuldner tut, um an sein Geld zu kommen, kann sich letztlich nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens rückwirkend als nachteilig erweisen. Denn der Gesetzgeber wertet es als „Wissen“ um die schlechte Zahlungsfähigkeit des Schuldners und eine bewusste Bevorteilung des Gläubigers.
Aktuelle Gerichtsurteile zeigen, dass es immer schwieriger wird, sich als Unternehmen vor der Rückforderung von bezahlten Forderungen durch
einen Insolvenzverwalter zu schützen. Eine solche Rückforderung kann auch für ein gesundes Unternehmen existenzbedrohend werden. Ein rechtliches Vorgehen gegen die Anfechtung ist kostenintensiv und riskant und wird nur selten gewagt.
Wie kann sich also ein Unternehmen schützen, das offensichtlich einer permanenten Gefahr von Anfechtungen ausgesetzt ist? Natürlich kann ein Lieferant jegliche Warnsignale in Bezug auf Liquiditätsprobleme strikt werten und sofort jegliche Geschäftsbeziehungen einstellen.
Dies erscheint jedoch in der Praxis schwer umsetzbar und würde das Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftspartnern bedenklich erschüttern. Bleibt noch die Variante mit Augenmaß. Wer also Zahlungsverzögerungen über einen längeren Zeitraum feststellt, sollte hellhörig werden. Vielleicht kann auch die Nachfrage bei einer Auskunftei etwas Licht ins Dunkel bringen. Wenn diese dem Unternehmen bescheinigt, liquide zu sein, dürften Ansprüche aus Insolvenzverfahren eher abzuwehren sein.
Auch der Gesetzgeber sieht die Ungereimtheiten. Deshalb überarbeitet er derzeit das Gesetz und strebt eine Entschärfung der Anfechtungsparagrafen an. Jedoch wird vermutlich ein hohes wirtschaftliches Restrisiko bleiben. Dieses Restrisiko kann eine Versicherung abdecken. Eine solche Insolvenzanfechtungsversicherung schützt den Unternehmer vor unberechtigten oder überzogenen Insolvenzanfechtungen. Vorgeschaltet ist ein Anwaltsnetzwerk, das versucht, die Ansprüche des Insolvenzverwalters abzuwehren.
Gelingt dies nicht und sind die Ansprüche berechtigt, so werden die Schäden durch den Versicherer bis zur Höhe der festgelegten Versicherungssumme beglichen.
Die KRAVAG bietet hier beispielsweise Versicherungslösungen an. Gelingt die Abwehr der Anfechtung, verbleiben bei einer Versicherung nur die Anwaltskosten beim Versicherungsnehmer.
Insolvenzverwalter kann gezahlte Beträge zurückfordern
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